Leistungsfähige, störungsfreie Vernetzung ist in einer zeitgemäßen Produktion unumgänglich: Via Netzwerk werden einerseits Arbeitsaufträge für Linien- und Maschinensteuerungen sowie Arbeitsanweisungen für die Werker übertragen und nachverfolgt. Andererseits werden die Fertigungsstände laufend zurück an zentrale Datenserver gegeben. Hinzu kommen mehrere hundert Teilnehmer (PCs und Telefone) auf der Büroebene.
Dreischichtige Netzwerkarchitektur
Das Netzwerk dafür ist dreischichtig und modular aufgebaut. Herzstück sind zwei über Router und Firewalls ins überlagerte Siemens-Netz integrierte Core-Switches. Unterlagert sind mehrere sogenannte Konzentrator-Switches im Werk. Diese zwei Ebenen bilden einen durchgängigen 10-Gigabit-Backbone über redundante Lichtwellenleiter. Ebenfalls per Lichtwellenleiter sind daran weitere Switches in der Nähe der Produktionslinien bzw. Bürobereiche angeschlossen. Diese binden durchgängig mit einem Gigabit/s teils direkt, teils über Patch-Felder, die zu logischen Einheiten gruppierten Teilnehmer im Feld an. Damit lassen sich ganze Subnetze schnell und einfach umstrukturieren und Umstellungen flexibel vornehmen.
Geplant, umgesetzt und auch gewartet werden die Produktions- und die dazu gehörende Bürowelt betreffende Netzwerk-Projekte von der lokalen IT-Abteilung am Standort. Zur Unterstützung standen die Netzwerkexperten des Siemens-Geschäftsbereichs Industrial Communication & Identification zur Verfügung. Sie berieten bei der Auswahl und Anwendung der geeigneten Scalance-Geräte und bei der anstehenden Planung der WLAN-Topologie. Dabei brachten sie ihre langjährige Erfahrung und Kompetenz im Bereich industrieller Netzwerke in das Projekt ein.
Netzwerk-Komponenten aus dem eigenen Haus
Im Siemens-Werk Haguenau setzt man bewährte Produkte aus dem eigenen Haus ein. Ein weiterer Vorteil ist dabei auch, dass die gute Usability und hohe Performance der eigenen Geräte im Dauereinsatz erprobt werden kann. Dies gilt auch für industrietaugliche Netzwerk-Komponenten aus der Scalance-Familie – ganz konkret für „managed“ Switches Scalance XR324-12M. Die 19“-Rack-Switches mit 24 Ports haben sich in kurzer Zeit als neuer Standard im Werk etabliert. Derzeit sind knapp 20 dieser Geräte im Einsatz, überwiegend im anspruchsvolleren Produktionsumfeld, aber auch auf der Büroebene. Mittelfristiges Ziel ist ein durchgängiger Standard.
Hauptaufgabe in der Produktion ist die Anbindung von Clients (Steuerungen, PCs) an Maschinen und Arbeitsplätzen. Die modularen Switches können mit Steckmodulen für elektrische und optische Übertragungsmedien bestückt werden und sind so auch in bestehende heterogene Netzwerke einfach zu integrieren. Auch was Schnittstellen und Protokolle angeht, sind die Scalance-Geräte flexibel. Für den Einsatz in der Industrie konzipiert, unterstützen sie alle im Produktionsumfeld etablierten Kommunikations-Standards wie (Industrial) Ethernet oder Profinet. Damit ließen und lassen sich die Anforderungen in der Produktion wie im Büroumfeld schnell und einfach erfüllen.
Einfache Inbetriebnahme der Scalance-Switches
Auf eine Geräteredundanz der Scalance-Switches auf der Feldebene wurde in Haguenau verzichtet, da deren individuelle Konfiguration automatisch auf ein Wechselmedium (C-Plug) gesichert wird, das sich einfach umstecken lässt. Das erfordert keine speziellen IT-Kenntnisse und reduziert den Zeitaufwand für einen eventuellen Switch-Austausch in der Produktionshalle deutlich. Die bisher eingesetzten Geräte mussten zuerst von einem IT-Techniker für die jeweilige Anwendung vorkonfiguriert werden, was zwangsläufig immer längere Stillstandszeiten bedeutete. „Mit unseren Geräten sind wir diesbezüglich auf der sicheren Seite und können die geforderte Wiederanlaufzeit von unter einer Stunde ab Störmeldungseingang auch während der Nachtbereitschaft einhalten“, sagt Gabriel Eschenbrenner, der verantwortliche Network Engineer Information Technology. „Das Handling der hauseigenen Switches ist generell sehr einfach und komfortabel. Damit lassen sich alle Funktionalitäten ohne langwierige Schulung und Einarbeitung zügig umsetzen“. Dies hat sich auch bei der Voice-over-IP-Einbindung bestätigt.
Um die Ausfallmöglichkeiten noch weiter zu reduzieren und die Verfügbarkeit abermals zu verbessern, wird in Kürze die Backbone-Ebene, das heißt die der Feldebene übergeordneten Ebene, redundant ausgeführt. Dazu wird in einem zweiten Serverraum ein leistungsfähiger Rack-Switch Scalance XR552-12M installiert und die existierenden Core-Switches im ersten Serverraum 1:1 „gespiegelt“. Darüber hinaus werden auch alle unterlagerten Subnetze in der Produktion separat mit Firewalls Scalance S612 abgesichert und der Zugriff auf die Datenserver reglementiert. So ist man auch in Bezug auf die IT-Security für die Zukunft gerüstet: Die Auswirkung eventueller Fehler oder gar Attacken ist dann noch stärker begrenzt.
Zukünftig auch IWLAN-Komponenten im Einsatz
Bereits geplant ist zudem der Einsatz von Funk-Technologie im Innen- und Außenbereich, wofür die für raue Einsatzbedingungen konzipierten und bewährten, auch in Schutzart IP65 verfügbaren Industrial-Wireless-LAN-(IWLAN-) Komponenten Scalance W prädestiniert sind. So zum Beispiel im Verpackungslager, wo je nach Jahreszeit hohe oder niedrige Temperaturen herrschen, die für herkömmliche Büro-Geräte eine Herausforderung darstellen.
In Summe sollen werksweit 25 Access Points Scalance W786/W788 installiert werden und mobile Netzwerk-Teilnehmer wie Handheld-Lesegeräte (Scanner) sowie Drucker anbinden. Eine weitere Anwendung ist ein vom Siemens-Netz getrenntes Gast-WLAN. Den Zugriff auf die Access Points regeln dann zwei redundante Industrial-Wireless-LAN-Controller Scalance WLC711 in der besonders kompakten und robusten Aufbautechnik des Simatic IPC427 („Microbox-PC“).
Die Voice-over-IP-Telefonie ist in einem VLAN-Netz konfiguriert. Rund 250 Telefone kommunizieren darin über die Scalance-Switches. Die Daten- und Sprachpakete laufen über den gleichen Port, die Trennung zwischen Sprache und Daten erfolgt über das Tagging der Datenpakete. Die Telefone schleifen die Netzwerkverbindung durch, so dass daran weitere Teilnehmer angeschlossen werden können, was die benötigte Portanzahl und somit die Kosten reduziert. Alles in allem umfasst das Netzwerk rund 3.000 Ports.
Zugangskontrolle durch RFID
Neue Wege geht das Werk Haguenau auch bei der Zugangskontrolle: So sind die Schranken an den Zufahrten zum Werk und zum Mitarbeiterparkplatz mit einem RFID-(Radio Frequency Identification)-System Simatic RF600 ausgerüstet, bestehend aus Lesegerät und Antennen. Die Fahrzeuge autorisierter Mitarbeiter sind mit einem RFID-Label (Transponder) versehen, das beim Anfahren berührungslos gelesen wird. Die RFID-Leser sind via Ethernet an einen Simatic Nano-PC angebunden, der – über Scalance-Switches – in einer zentralen Datenbank die Berechtigung abfragt und die Ein- und Ausfahrt freigibt.
Durchweg zufrieden
„Unsere Fertigung ist dadurch gekennzeichnet, dass relativ oft Produkte hinzukommen und bestehende Linien verändert und umstrukturiert werden müssen. Als „Lead Factory“ für die anderen Werke im Geschäftsbereich liegt es an uns, die dafür notwendigen Prozesse laufend zu verbessern“, sagt Werksleiter Udo Wiggermann. „Dabei wollen wir auch „Lean Factory“ sein, das heißt so effizient und schlank wie möglich produzieren. Die robusten und performanten, flexibel einsetzbaren Netzwerk- und RFID-Komponenten unserer Kollegen sind dafür sehr geeignete Werkzeuge.“
Das unterstreicht auch Didier Mayer, Director Information Technology am Standort: „Wir sind mit unserem neuen Standard in der Produktion sehr zufrieden. Die bereits verbauten Scalance-Geräte laufen unter allen Bedingungen durchweg stabil und äußerst zuverlässig. Auch die Tests für alle zukünftigen Anwendungen verlaufen vielversprechend und die Implementierung steht an mehreren Stellen unmittelbar bevor.“
Kompetenz in Prozessinstrumentierung und -analytik
Siemens fertigt in Haguenau Feldgeräte wie Stellungsregler, Druck- und Temperaturtransmitter sowie Prozessanalytik wie Gasanalysatoren und Laserspektrometer für den weltweiten Markt. Diese Komponenten sind Basis für die Automatisierung in der Prozessindustrie, beispielsweise in Anlagen der chemischen und petrochemischen Industrie, bei der Herstellung von Nahrungsmitteln oder in der Wasseraufbereitung.
Mit dem Aufbau einer neuen, 10.000 Quadratmeter großen Produktionslinie für magnetische Durchflussmesser im Jahr 2010 wurde der Standort zum Mechatronik-Fertigungszentrum für Prozessinstrumentierung und -analytik in Europa ausgebaut. Die neue Fertigungseinheit ist mit modernsten Produktions- und Testanlagen ausgestattet sowie mit Durchfluss-Kalibriereinrichtungen für Rohrleitungen mit einem Durchmesser von mehr als zwei Metern.